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Gerade jetzt wo ich hier in Ragama und überhaupt in der Gegend um Colombo unterwegs bin fällt mir wieder einmal auf das der Lebensstil hier vorsichtig ausgedrückt etwas anders ist. Menschen haben andere Vorstellungen und andere Ziele als bei uns im Dorf, wo es viel einfacher und irgenwie auch ehrlicher und vor allem angemessen und sinnvoll zugeht. Mir scheint das die Menschen in der Stadt viel abhängiger vom System sind und alles viel zerbrechlicher ist, aber die Fassade suggeriert etwas anderes. Alle denken das Colombo das Paradies ist. Selbst die Menschen bei uns im Dorf glauben es sei besser in Colombo um Geld zu machen, aber sie wissen auch das man in Colombo viel Geld braucht und würden nur dann in die Hauptstadt gehen, wenn sie am Ende Geld nach Hause bringen könnten.
Die Leute bei uns im Dorf sind noch mehr in Verbindung mit der Natur und irgendwie geerdet. Alleine schon weil sie oft Barfuß laufen, hart arbeiten, Wasser aus eigenen Quellen trinken, ihre Nahrungsmittel selbst anpflanzen und einfacher Leben.
Hier dagegen sieht man übergewichtige Menschen, die in importierten Luxuswagen klimatisierte Konsumtempel besuchen und in unbequemen Anzügen mit Krawatten und Socken! in hochglanzpolierten Schuhen jeglichen Kontakt zur Welt verloren haben. Hier sind Leute stolz das sie Diabetis haben und sich eine teure Privatklinik leisten können. Jeder versucht mehr Geld zu machen, denn alle wollen das Land verlassen. Der Westen ist besser. Das weiß jeder! Alles wird importiert und kopiert, selbst Fernsehsendungen wie „American Idol“ bzw. „Superstar“ das hier in zig Varianten immer noch nicht ausgelutscht ist.
Bei uns im Dorf heißt es noch „wie geht es Dir“ und „ich bin nur mal so vorbeigekommen“ :-) Typische Sache.
In Colombo fragt man direkt „was machst Du beruflich“ oder „bist Du im eigenen Auto hier“ was ja schon ziemlich nuttig ist. Das ist natürlich nicht immer so, aber das Leben in der Stadt ist halt immer anders
Mir fällt auch auf das die Menschen hier von der Entwicklungsstufe her noch lange nicht so weit sind wie z.B. in Deutschland. Es gibt sicher noch weitere Stufen, aber ich würde mal zwei nennen wollen um meinen Eindruck zu begründen und ungefähr zu skizzieren worauf ich anspiele. Natürlich etwas zugespitzt und übertrieben und sicher dreist pauschalisiert. Das sind halt zwei extreme Beispiele, die mich in Sri Lanka erschrecken.
1. Auf dem Dorf: Die Menschen sind noch einigermaßen verbunden mit der Natur, allerdings nur aus der Not heraus. Sie beuten die Natur aus um Geld zu machen und versuchen krampfhaft die Lebensqualität der Stadt zu etablieren. Zumindest wissen sie noch das die Natur die Grundlage für Reichtum ist. Jeden zweiten Tag fällt der Strom für ein paar Stunden aus. Manchmal auch für ein paar Tage. Die Wasserversorgung im Dorf funktioniert nur zweimal die Woche. Es gibt nur ein Dutzend Fahrzeuge im Dorf und eine handvoll Kühlschränke. Nur das Nötigste wird zugekauft aus der Stadt. Die Menschen sind noch überhaupt nicht abhängig und kommen bestens klar ohne Hilfsmittel. Sie kochen auch mit Feuerholz, holen Wasser am Brunnen, machen Licht mit Kerzen, gehen lange Strecken zu Fuß, essen einfache Mahlzeiten aus dem Garten, etc.
2. In der Stadt: Die Menschen versuchen mit vereinten Kräften ein System aufzubauen, das Sicherheit und Lebensqualität durch Wohlstand geben soll. Infrastrukturen werden geschaffen und Instand gehalten. Jeder trägt seinen Teil dazu bei. Recht und Ordnung wird hergestellt soweit möglich. Steuern und Gebühren werden erhoben. Gesetzte und Regelungen treten in Kraft. Verhaltensregeln werden akzeptiert. Anerkennung gibt es dann wenn man erfolgreich im System ist. Glück und Zufriedenheit werden am beruflichen Erfolg und materiellen Besitz gemessen.
Je größer die Stadt desto besser das System und desto größer die Abhängigkeit. Trotzdem sind die Menschen noch einigermaßen vorbereitet und wissen um Alternativen wenn etwas mal nicht funktioniert, einfach WEIL oftmals Ausfälle passieren. Es ist z.B. ganz normal das der Strom mal ausfällt für ein paar Minuten oder Stunden. Die Leute sind deshalb motiviert das System zu verbessern.
Gefährlich wird es eigentlich erst wenn das System 100% funktioniert. Beste Straßen – gutes öffentliches Netz, immer Strom – sogar zum Kochen, Trinkwasser aus der Leitung, Nahrungsmittel täglich aus dem Kühlregal, etc. Das System funktioniert und bringt Sicherheit und Wohlstand. Versteht mich nicht falsch – ich habe das System in Deutschland genossen und mich dort wohl gefühlt! Wer tropische Früchte per Luftfracht nach Deutschland importiert nutzt gerade dieses tolle System;-) Aber ich wäre auch nicht überrascht wenn morgen etwas in der Welt passiert und meine Geschäftsidee nicht mehr möglich ist.
Was passiert eigentlich wenn das System plötzlich zusammenbricht? Und Hand aufs Herz das ist nicht weit hergeholt. Wer aufmerksam das Geschehen in der Welt verfolgt und hinterfragt anstatt den Mainstream-Medien zu vertrauen, der merkt schnell das wir sehr, sehr, sehr abhängig sind von sehr, sehr, sehr vielen Dingen und das jeder Staat ganz selbstverständlich seine eigenen und überlebenswichtigen Interessen verteidigen muß und wir uns schon lange im Krieg befinden. Im Krieg der Medien. Im Krieg der Wirtschaft. Usw.
Es ist immer gut wenn man in einer Gemeinschaft lebt und sich die Arbeit teilt, sich auf einer verlassen und gegenseitig helfen kann. Eine Großstadt ist aber etwas anderes. Und nur weil ich dort für jedes Bedürfnis einen Dienstleister finde, heißt es nicht das ich mich wohlfühle und auf Hilfe vertrauen kann. Selbstversorgung bedeutet auch nicht das ich mir selber die Haare schneiden muß;-)
Ohne Städte hätten wir sicher Platzprobleme, nicht jeder kann 10 Hektar Land haben. Aber ich bin für Stadtviertel die alleine klar kommen. Warum muss immer alles zentral laufen, dadurch sind wir viel zu abhängig, oder?
Soweit die Lage zum Mittwoch und irgendwie war das heute mein Thema als ich über den Blog-Artikel nachdachte den ich schreiben wollte.